Das Lied im Radio
Wenn Fabian, 3, mit seinem Vater im Auto sitzt und es plötzlich ein Lied spielt, das Fabian nicht gefällt, fängt er an zu kreischen. Wenn der Vater nicht sofort umschaltet, wird Fabian hysterisch und tritt mit den Füßen gegen den Vordersitz, worauf dieser kontert: „So nicht! Heute gibt es keinen Spielplatz, weil du machst mir mein Auto kaputt!“ Wenn der Vater hart bleibt, fällt Fabian zurück in die Babyphase, weint bitterlich, verlangt den Schnuller, lässt sich schwer beruhigen. Der Vater weiß, dass Fabian unausgewogen ist, weil er die Trennung seiner Eltern noch nicht verarbeitet hat.
Beruhigen und Eskalation vermeiden
Zunächst ist es wichtig, dass der Vater seinem Sohn hilft, seine Wünsche verbal statt durch Kreischen auszudrücken, indem er nachfragt: „Gefällt es dir nicht?“ Auf Fabians Rückmeldung lenkt er entweder ein oder beginnt Verhandlungen. Entweder: „Mir gefällt es aber! Ich möchte es gerne zu Ende hören. Kannst du das verstehen?“ Wenn Fabian einlenkt, hat er an Reife zugewonnen. Dafür muss er gewürdigt werden: „Fein, dass du auf mich Rücksicht nimmst!“ Wenn nicht, ist es angemessen, das Bedürfnis des Kindes zu achten und auf dieses Lied zu verzichten: „Wenn es dir nicht gefällt, kannst du mich bitten, auszuschalten!“ Nichts spricht dagegen, diesem Wunsch nachzukommen, wenn er höflich geäußert wird.
Konflikte durchstehen
Selbst wenn sich ein emotionaler Ausbruch mit Tritten gegen den Vordersitz nicht verhindern lässt, ist mit Spielplatzverbot nicht geholfen. Lieber stehen bleiben und auf Fabian eingehen: „Unglaublich, wie wütend dich so ein Lied machen kann! Aber meine Rückenlehne kann nichts dafür!“ Sollte der Knabe weiter toben, dann kann ihn der Vater nehmen und fest halten, um weiteren Schaden zu verhindern, bis sich Fabian beruhigt hat. Danach: „Können wir jetzt weiter fahren?“ Bei nächster Gelegenheit wird Fabian die Rückenlehne abwischen, zum Zeichen der Wiedergutmachung. Auf Schimpfen und Strafen sollte man verzichten.
Auch wenn Kinder sich nicht wohl in ihrer Haut fühlen, dürfen wir uns weder erpressen noch sie toben lassen, sondern wir müssen ihnen einen Ausweg aufzeigen, wie sie Beherrschung lernen und Einsicht entwickeln können, in einer Weise, dass sie sich gut und ernst genommen fühlen.
Mag. Maria Neuberger-Schmidt, www.elternwerkstatt.at




