„Jetzt sei endlich still!“
Das Flugzeug ist voll besetzt, Familie Huber ist mit zwei kleinen Kindern unterwegs. Es ist warm, es ist eng. Julia, eineinhalb, beginnt zu weinen. Die Mutter: „Beruhige dich bitte!“ Julia verstärkt ihr weinen. „Sei still, du belästigst alle Leute!“ Julia brüllt. „Führ dich nicht so auf, jetzt sei endlich still!“ „Sei ruhig, das bringt doch nichts!“ Herzzerreißendes Weinen. Alle Versuche der Mutter oder des Vaters, auf das Kind einzuwirken, sind vergebens. Verzweiflung, Ärger, Hilflosigkeit. Die anderen Gäste schweigen, das Flugzeug steuert seinem Ziel entgegen. Nach langem Schreien schläft das Kind erschöpft ein.
Warum Appelle an die Vernunft nichts nützen
Es macht einen Unterschied, ob ein Kind aus Müdigkeit und Überforderung oder aus Protest schreit. In beiden Fällen jedoch muss man es emotional „abholen“. Wenn wir das Bedürfnis haben, unserem Ärger Luft zu machen, dann nützt es uns nicht, wenn man hört: „Beruhig dich! Sei doch vernünftig!“ Gefühle lassen sich nicht verbieten. Weinen kann man nicht durch Befehle und Appelle an die Vernunft abstellen. Das ist wie Öl ins Feuer gießen, darum weint Julia bei jedem „Beruhigungsversuch“ umso lauter.
Ausweinen lassen
Was tun? Beschreiben wie das Kind sich fühlen mag: „Du bist müde, mein Schatz, das ist hier sehr anstrengend für dich!“ Wenn es nicht möglich ist, die Kleine auf den Schoß zu holen, dann kann man zumindest versuchen, es zu streicheln. Verständnisvoll: „Du musst weinen und wir können gar nichts tun!“ „Wein dich aus, dann geht es dir wieder besser!“ „Wir haben dich lieb, ganz lieb!“ Julia braucht emotionale Annahme, Trost und die Gewissheit, dass die Eltern aushalten, dass es ist wie es ist. Erst wenn man ein Kind weinen lässt, stellt sich ein, was man so sehr wünscht: es beruhigt sich. Dann kann man es eventuell auch ablenken und auf andere Gedanken bringen.
Ein Lob den Fluggästen: Sie konnten zwar auch nicht helfen, aber sie haben den Eltern unnötige Kommentare erspart.
Mag. Maria Neuberger-Schmidt, www.elternwerkstatt.at